Lotus Esprit Sport 300
Kapitel I
Zahlen & Fakten |
|
Entwicklungsgeschichte
und
Produktionsverlauf
Der
Lotus Esprit Sport 300 wurde der Weltöffentlichkeit auf der Birmingham
Motor Show im Jahre 1992 als Konzeptfahrzeug vorgestellt. Das von
Julian Thompson überarbeitete Design, in Verbindung mit den technischen
Modifikationen, fand sofort großen Anklang. Im Wesentlichen basierte das
Fahrzeug auf dem Lotus X180R Rennwagen, der sehr erfolgreich in den
amerikanischen IMSA- und SCAA- Rennserien eingesetzt wurde. Bei der
gesamten Entwicklung des Sport 300 wurde daher darauf geachtet,
möglichst nah am Rennwagen zu bleiben und nur da Abstriche zu machen,
wo die Straßenverkehrsordnungen und Abgasgesetze im Inland, sowie in
den entsprechenden Exportländern, es nötig machten. Die Änderungen gegenüber dem Lotus Esprit Turbo SE waren folgende: eine
erleichterte Karosseriestruktur in welche das ehemalige Targadach
involviert ist, geänderte Stoßfänger, Kotflügelverbreiterungen, großer
Heckflügel, verstärktes Chassis, Verstärkungsstreben über dem Motor,
vergrößerter Abgasturbolader mit erhöhtem Ladedruck, vergrößerte
Einlassventile und Einlasskanäle, vergrößertes Chargecoolervolumen (nur
Fahrzeuge ohne Klimaanlage), optimiertes Motormanagement,
Sperrdifferential, verstärkte Kupplung und Schwungrad, optimiertes
Fahrwerk mit Sturzverstellung an Hinterachse, vergrößerte Bremsscheiben
mit AP-4-Kolben Festsätteln und separatem Handbremssattel, vergrößerte
Rad-/Reifenkombination, Servolenkung, Alcantara Interieur und ein
vergrößerter Tachometer sowie Drehzahlmesser.
Der Sport
300 ist damit der Esprit der Superlative. Er ist der puristischte
Esprit der je gebaut wurde und letztlich
nichts anderes als ein Rennwagen für die Straße. Des weiteren ist er
mit 1,90 m breiter als alle anderen Esprit die vor oder nach ihm gebaut
wurden. Entsprechend sind die 315er Hinterreifen ebenso die breitesten
die je an einem Lotus Esprit Verwendung fanden. Mit einer
Produktionszahl von 64 Stück gehört er daneben zu den seltensten
Lotus-Fahrzeugen überhaupt.
Auch in der Le
Mans-Serie wurden mehrere Esprit Sport 300 recht
erfolgreich eingesetzt. Diese verfügten über ca. 400 PS bei einem
Gewicht von nur 950 kg. Leider konnte die Kühlung bei Tank-Stopps und
Fahrerwechseln nicht ausreichend sichergestellt werden, weshalb die
Fahrzeuge frühzeitig aus dem Rennen ausschieden. Zur
Serienausstattung gehörten
elektrische Aussenspiege, elektrische Fensterheber, ABS, Alcantaralenkrad,
Leder/Alcantarasitze sowie Innenausstattung, Servolenkung,
5-Gang Schaltgetriebe, Sperrdifferential. Die Bilder wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ilhan Danaci. |
Der Lotus Esprit Sport 300 Nr. 21
Änderungen an Fahrwerk und Bereifung ermöglichten hohe Kurvengeschwindigkeiten
"Form follows function" - die üppige Verspoilerung verbesserte die Aerodynamik
"Mustard-yellow" war auch am Sport 300 die begehrteste Farbe
|
Der breite Frontstoßfänger mit der großen Spoilerlippe charakterisiert das Sport 300 - Gesicht
Mit 1,90 m ist der Sport 300 der breiteste Esprit der je gebaut wurde
|
Daten
(Herstellerangaben) | Motor: | 4-Zylinder
Reihenmotor mittig und längs zur Fahrtrichtung eingebaut,
zwei
obenliegende Nockenwellen,16-Ventile, Bohrung x Hub: 95 mm x 76 mm,
2174 ccm, Zahnriemensteuerung, elektronische Benzineinspritzung, Turbolader Garrett T3/T4, Luft/Wasser-Ladeluftkühlung | Leistung: | 225
kW/306 PS bei 6400 U/min | Leistungsgewicht: | 3,88 kg/PS | Drehmoment: | 389
Nm bei 4400 U/min | Antriebskonzept: | Mittelmotor, Heckantrieb, 5-Gang Schaltgetriebe, Differentialsperre | Abmessungen: | Länge
x Breite x Höhe: 4391 mm x 1900 mm x 1175 mm | Tankinhalt: | 2 x 36,5 Liter
| Leergewicht: | 1187
kg | Bauzeitraum: | 1993 | Stückzahlen: | 64 Stk. |
|
Mängel, Probleme und Schwachstellen
Der Esprit Sport 300 ist, wie alle späteren Steven´s Esprit, ein sehr zuverlässiger und standfester Sportwagen. Ein Vorteil beim Esprit allgemein ist
die häufige Verwendung von Gleichteilen verschiedener anderer
Hersteller. Dadurch lässt sich das Fahrzeug oftmals kostengünstig
instandsetzen.
Problematisch wird es aber bei den Reifen. Die 315er
Hinterachsbereifung ist derzeit nur von einem Hersteller lieferbar.
Leider bietet derselbe Hersteller nicht die für die Vorderachse
benötigte Bereifung an. Das bedeutet, dass die Sport 300 - Eigner
gezwungen sind, an Vorder- und Hinterachse verschiedene
Reifenhersteller, und damit Gummimischungen zu verwenden. So kann dem
Fahrer in extremen Fahrsituationen ein nur schwer beherrschbares
Giermoment aufgezwungen werden, welches in einer Kaltverformung der
Karosserie- und Chassisstruktur resultieren kann. Ein
weiteres Problem des Sport 300, das aber auch alle anderen frühen
Steven´s Esprit haben, betrifft den
Kühlmittelausgleichsbehälter. Dieser ist aus Stahl gefertigt und
neigt
mit zunehmendem Alter zu Korrosion. Die Folge sind im Kühlwasser
umherschwimmende Rostpartikel, welche im schlimmsten Fall Dichtungen
und die recht filigrane Ladeluftkühlerwasserpumpe beschädigen können.
Bei den
späteren Modellen wurde diesem Problem mit einem
Kunststoffausgleichsbehälter abgeholfen (dieser Kunststoff wird mit der
Zeit leider spröde und der Behälter kann undicht werden). Wie bei
allen anderen Esprit mit Chargecooler auch, gibt es beim Sport 300
Probleme mit dem Impeller- Pumpenrad (Wasserpumpe für den
Ladeluftkühlerkreislauf). Dieses löst sich mit der Zeit in
seine Bestandteile auf (auch ohne o.g. Korrosion). Die Folge ist
Leistungsverlust aufgrund der erhöhten Ladelufttemperatur. Die
Bremskolben der am Sport 300 verwendeten 4-Kolben Festsattelbremsen
verfügen nicht wie üblich über Gummimanschetten. Diese haben die
Aufgabe, die Bremskolben und ihre Führungen im Bremssattel vor
eindringendem Schmutz und Wasser zu schützen. Das Fehlen dieser
Manschetten führt jedoch zu einem erhöhten Wartungs- und Pflegeaufwand
der Bremsanlage. Hier ist besonders beim Bremsbelagwechsel penibel auf
Sauberkeit der Kolben zu achten, bevor diese zurückgedrückt werden.
Ansonsten ist mit Undichtigkeiten zu rechnen, was die Demontage der
Kolben und das Ersetzen der Dichtlippe erfordert. Ein
weiteres Problem der Sport 300 - Bremsanlage betrifft die separat
verbauten Handbremssättel. Durch die oberhalb angebrachte Zuführung des
Handbremsseils, sammelt sich dort nach Regenfahrt oder Wäsche Wasser an.
Dieses hat keine Möglichkeit zum Abfließen, was Oxidation und damit
eine Schwergängigkeit der Mechanik nach sich ziehen kann.
Des weiteren
sind der Kupplungsnehmerzylinder, sowie der Kupplungsgeberzylinder
anfällig für Undichtigkeiten. Sie lassen sich jedoch kostengünstig
ersetzen bzw. überholen. Wenn es im Innenraum nach Kraftstoff
riecht,
liegt dies meist an der Belüftungsleitung zwischen dem rechten und
linken Tank. Diese ist aus einem Kunststoff hergestellt, welcher mit der
Zeit porös wird und reißt. Da diese Leitung direkt über der
Heckscheibe verläuft, dringt der Benzingeruch so leicht in den
Fahrgastraum. Aber auch die Stahltanks sind korrosionsanfällig.
Probleme
gibt es hier insbesondere durch die Verwendung eines saugkräftigen
Dämmaterials unter den Tanks, welches eindringendes Wasser besonders
lange speichert. Deshalb empfiehlt sich neben der professionellen
Versiegelung der Tanks auch diesen Dämmstoff durch einen nicht
saugenden zu ersetzen.
Das
Getriebe des Esprit ist ein verstärktes UN1 Getriebe (Renault). Hierbei
handelt es sich um ein ehemaliges 4-Gang Getriebe, welches um einen
überhängenden 5. Gang erweitert wurde. Es
stößt insbesondere bei leistungsgesteigerten Fahrzeugen an seine
Grenzen. Die Hauptwelle bricht bei Überlastung im 5.Gang vor
derselbigen Zahnradpaarung. Eine Reparatur ist recht teuer, da das
Getriebe dafür zerlegt werden muss.
Wenn
sich im Leerlauf ein
"patschendes" Geräusch einstellt ist meist eine weitere Schwachstelle
des Esprit betroffen: der Abgaskrümmer. Dieser neigt bei
fortgeschrittenem Alter zu Rissbildung und muss ersetzt werden. Ein
Tausch soll ohne Motorausbau möglich sein, gestaltet sich jedoch
schwierig. Das sogenannte EBPV (Exhaust Back Pressure Valve)
dient dem
zügigen Aufheizen des Katalysators auf Betriebstemperatur. Dieses setzt
sich mit der Zeit fest und muss ebenfalls ersetzt werden. Ein Augenmerk
sollte auch auf die Lagerungen der Querlenker gelegt werden. Diese
neigen gerade bei sportlich bewegten Fahrzeugen zu Verschleiß. Es
empfiehlt sich der Ersatz durch Polyurethan-Fahrwerksbuchsen, welche
einfacher zu montieren und deutlich langlebiger sind als die
Originalteile. Für die Unterstützung mit technischen Details gilt unser Dank der Firma (Werbung wg. Verlinkung) B&B Sportwagen.
|
Schlichte Eleganz: das Sport 300 Cockpit
Auch das "normale" Ledergestühl bietet ausreichend Seitenhalt
Den Chargecooler ziert beim Sport 300 die Aufschrift "Lotus 300 Sport"
Das Ersatzrad fiel aus Gründen der Gewichtsoptimierung weg
|
| Fahrleistungen ermittelt von der Zeitschrift (Werbung wg. Verlinkung) auto motor und sport | Höchstgeschwindigkeit: | 261 km/h | Beschleunigung: | 0-100 km/h: 4,8 sek
| Fahrwerk (Herstellerangaben) | Radaufhängung vorne / hinten: | Einzelradaufhängung an doppelten
Dreiecksquerlenkern, Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer, Stabilisator
/ Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern, Schräglenker, Schraubenfedern, Telekopstoßdämpfer | Rad-/Reifenkombination: vorne / hinten: | 245/45ZR16 auf Aluminiumfelge 8,5Jx16H2 / 315/35ZR17 auf Aluminiumfelge 10,5Jx17H2 | Bremsen (Herstellerangaben) | Elektrohydraulischer
Bremskraftverstärker, DELCO-ABS, Bremsscheiben rundum mit
Innenbelüftung, Ø vorne / hinten: 327 mm / 280 mm, AP Racing 4-Kolben
Festsattel vorne und hinten, separate Handbremssättel hinten | Fahrverhalten (Kurzbetrachtung) Die
fahrdynamische Betrachtung offenbart ein sportlich straffes Fahrwerk,
das recht wenig Restkomfort bietet und eher auf Rennstrecken
in seinem Element ist. Die optimierte Chassistruktur erhöht die
Torsionssteifigkeit merklich, führt im Normalbetrieb aber zu
zusätzlichen Komforteinbußen. Durch die tiefe Sitzposition in
Verbindung mit der
flachen
Frontscheibe wird das Gefühl in einem Rennwagen zu sitzen verstärkt.
Die
Servolenkung bietet hervorragende Rückmeldung von der Straße und
verfügt über eine recht kurze Übersetzung. Aufgrund des
Mittelmotorkonzepts ist der Wagen sehr gut ausbalanciert und
ermöglicht hohe Kurvengeschwindigkeiten. Typisch für einen
Mittelmotorsportwagen ist der Grenzbereich aber recht schmal. Beim
Verlassen des selbigen, macht sich der Übergang von Haft- zu
Gleitreibung zuerst durch eine übersteuernde Hinterachse
bemerkbar. Der Motor ermöglicht hervorragende Fahrleistungen, leidet
jedoch unter einem größeren Turboloch als seine Nachfahren.
Dem fehlenden Dämmaterial bei der optionalen Rennausstattung ist ein
deutlich erhöhter Geräuschpegel als in "normalen" Lotus Esprit
geschuldet. Die optionalen Sportsitze bieten aber hervorragenden
Seitenhalt. Einen
weiteren Minuspunkt muss sich der Lotus Esprit Sport 300 ankreiden
lassen:
das ABS. Dieses regelt auf nicht ganz ebenen Untergründen mitunter
willkürlich den Bremsdruck zurück und sorgt so für gefährlich lange
Bremswege.
|
|
| Fazit und Kaufberatung
Der
Lotus Esprit
Sport 300 ist aufgrund seiner Produktionszahl von nur 64 Stück eines
der seltensten und damit begehrtesten Lotus-Fahrzeuge überhaupt. Sollte
sich die Chance bieten einen solchen Wagen zu erstehen, so wird dies
letztlich nur über einschlägig bekannte Lotus-Spezialisten erfolgen.
Ein öffentliches Angebot in einer der bekannten Online-Automärkte ist
mit der Seltenheit einer "blauen Mauritius" vergleichbar. Aufgrund
dieser Seltenheit und seiner Exklusivität, sowie der für einen
exotischen Sportwagen robusten Technik, wohnt ihm ein großes
Wertsteigerungspotential inne. Eine bessere Wertanlage ist zumindest im
Bereich der Lotus-Sportwagen daher wohl nicht zu finden. |
| zurück zur Lotus Esprit Auswahlliste |
|
zurück zur Lotus Auswahlliste |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|